»Was wir wollen - mehr Kontrollen!«

Das Thema der Videoüberwachung in der Dortmunder Kneipe Louisiana hat anscheinend nur in der heimischen Westfälischen Rundschau ein paar Wellen geschlagen. Leider sind die Artikel nicht (mehr) online verfügbar, wozu auch ein Archiv einrichten, gelle. Ich versuche mal, die mir vorliegenden Artikel zusammenzufassen.
Fotos der Aussenkameras am Louisiana, Dortmund

Angefangen hat alles mit dem Beitrag vom 12. August, in dem darüber berichtet wird, dass das Louisiana eine Videoüberwachungsanlage installiert hat und plant, diese demnächst in Betrieb zu nehmen. Ein Mitarbeiter äussert sich dahingehend, dass er in einem anderen Betrieb ('Henry's Griddle') schon zweimal überfallen worden sei und die Installation im Louisiana als reine Sicherheitsmaßnahme anzusehen sei, da der Trend im Gastrobereich dahingehen würde.
Laut Bericht würden die Aufnahmen acht Stunden gespeichert und danach gelöscht - um im Fall der Fälle Beweismaterial für die Polizei zu haben.

Auf die Überwachung wird mittlerweile (Foto folgt) per Aufkleber an der Eingangstür hingewiesen; trotzdem bliebe, so der Artikel, bei den Gästen ein mulmiges Gefühl, was die Inhaber denn wohl überwachen resp. beobachten würden wollen.

In einem Kommentar auf der gleichen Seite spricht WR-Redakteur Gerald Nill sich gegen die Überwachung von Privatbetrieben aus, ist aber grundsätzlich wohl für die Videokontrolle von »neuralgischen Punkten, [z.B. am] Flughafen«. Auch bei ihm stellt sich die Frage, was mit den aufgezeichneten Daten von privaten Überwachern wohl geschieht.

Am 15. August kommt in der WR ngg-Dortmund-Geschäftsführer Manfred Sträter zu Wort. Er weiss zu berichten, dass die Mitarbeiter im Louisiana mögliche Kündigungen zu befürchten hätten, wenn sie eine Einverständniserklärung zur Videokontrolle nicht unterzeichnen würden (siehe auch bei mir). Leider hat die ngg den Artikel aus der WR wieder von ihrer Website entfernt.

Am 17. August greift die Ruhr-Nachrichten das Thema mit einem zusammenfassenden Artikel auf, in dem auch wieder der ngg-Mensch zitiert wird. Ebenfalls kommt »der stellvertretende Manager des Franchise-Unternehmens« zum Thema zu Wort:

Das habe alles seine Richtigkeit, betont der stellvertretende Manager des Franchise-Unternehmens, Bobtchev. Seinen Vornamen wollte er nicht nennen. Nur so viel: "Wir leben in einem Supermedienzeitalter. Wir waren immer einer der ersten Betriebe, die Neuerungen einführten. Es dauert aber noch, bis die Kameras in Betrieb genommen werden können. Sie müssen erst justiert werden. Ich schätze, zum Monatsende ist es so weit." Der Betriebsrat sei gefragt worden, beeilt er sich, und ergänzt: "Die Mitarbeiter waren einverstanden."

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Dt. Hotel- und Gaststättenverbandes zeigt sich in dem Artikel erstaunt über das Vorhaben des Louisiana, war dies dort doch bisher gar nicht bekannt. Die einzige ihm bisher bekannte Kneipenüberwachung in Dortmund existiere nicht mehr, so der Artikel weiter. Abschliessend äussert er sich zur Effektivität der Maßnahme mit den Worten:

»Auf Räuber von außerhalb, glaubt er, hätten Kameras keine abschreckende Wirkung: "Die ziehen sich Masken über."«

Ebenfalls am 17. August erscheint in der WR der Artikel »Nicht überall sind Kameras erlaubt«; hier geht die Autorin Silke Hoock auf die rechtlichen Aspekte von privater Videoüberwachung ein und verweist auf Artikel 6b des Bundesdatenschutzgesetzes, welcher diese Maßnahmen regelt. Laut Nils Schröder, Öffentlichkeitsmitarbeiter beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW rechtfertige sich eine private Überwachung nur, wenn es »in der Gaststätte Vorfälle gegeben« habe, die z.B. durch eine gezielte Mitarbeiterschulung nicht hätten verhindern lassen bzw. nicht genauso 'effektiv' seien (wie die Videoüberwachung).
Da eine Installation von Kameras nicht meldepflichtig sei, werde diese auch nicht geprüft; erst wenn sich Gäste oder Mitarbeiter beschweren oder an die Datenschützer wenden würden, würde geprüft. Die Kamera, die im Louisiana in der Küche (!) installiert sei, sei dann unzulässig, wenn hier einzig Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Zweck wären.

Ebenfalls geht Schröder davon aus, dass die geforderte Freiwilligkeit des Einverständnisses der Mitarbeiter im Louisiana durch das Arbeitsverhältnis nicht gegeben sei - womit die Überwachung gegen das Arbeits- und das Datenschutzrecht verstossen würde.

Abschliessend wird die Pressesprecherin des Landesdatenschutzbeauftragten zitiert, wonach in der Kneipe kamerafreie Bereiche existieren müssten, damit Besuchende die Wahl hätten, sich filmen oder halt nicht filmen zu lassen.

Als letzten Artikel gibt es noch die mit »Dortmunder Ansichten« überschriebene Kolumne zum Thema (die derzeit noch online, aber nicht permanent erreichbar sein wird, daher kein Link). Hier vermutet Autor Jürgen Potthoff hinter der Überwachung ironisch und merklich bemüht-lustig, dass hinter verschiedenen Kameralinsen mal der nordkoreanische Geheimdienst, 'ne Partneragentur oder D. Bohlen auf Deutschland-Star-Jagd stecken würde(n), und schliesst mit der Behauptung, dass die Louisiana-Augen sich verflüchtigen würden, wenn nur genügend sangesfreudige vor selbigen ihr »Können« unter Beweis stellen würden (stellt sich bei mir die Frage, warum es weiterhin Casting-Shows für Anti-Gesangstalente und Karaokeabende in irgendwelchen Kaschemmen gibt, wenn die obige Annahme funzen würde ...).

Bleibt zusammenfassend zu konstatieren, dass das Louisiana zwar kurzfristig in aller (Zeitungs-)munde war, und auch Besuchende gewisse Bedenken äusserten, mit gegenläufigen Artikel wie dem Kameras herbeischreibenden von sp0n oder weiteren 'Koffer'funden in Bahnhöfen oder sonstigen öffentlichen Plätzen auch dies nur ein kleines Zwischenhoch für die kritische Öffentlichkeit war, die weiterhin selbstbestimmt über ihre Daten verfügen und ebenso frei entscheiden möchte, wo und wann sie von wem zu welchem Zwecke gefilmt wird.

(PS: Überschrift der Düsseldorfer Bonzenparade von 2000 entliehen)

Bisher gab es 1 Kommentar(e):

  1. Wie Sie vieleicht bereits erfahren haben, war das LOUISIANA im vergangenen Winter 07/08 geschlossen, der Alt-Betreiber hatte umgehend alle Überwachungskameras abgebaut. Das nun neu eröffnete Restaurant verfügt nicht mehr über Überwachungseinrichtungen, da die neue Führung keine Überwachungsbedarf in dieser Richtung sieht.

    LOUISIANA Dortmund | 12. September 2008, 10:25